Rubrik: Prävention / Wenn Worte Leben kosten – Die Verantwortung der Medien im Umgang mit Suizid
- Mario Dieringer
- 25. Feb.
- 2 Min. Lesezeit

Ein Name. Eine Methode. Ein Abschiedsbrief, der auf die Titelseite gedruckt wird, als wäre er eine Schlagzeile wert.
So sieht Medienberichterstattung über Suizid oft aus. Reißerisch, detailliert, ohne Nachdenken über die Konsequenzen. Weil es klickt. Weil es sich verkauft. Weil Tragödien sich gut vermarkten lassen.
Aber was passiert danach?
Nach jeder dieser Geschichten gibt es Menschen, die sich in den Worten wiederfinden. Die sich in den Details verlieren. Die nach den gleichen Mitteln suchen. Die sich denken: Wenn er es getan hat, dann kann ich es auch.
Es gibt einen Namen für dieses Phänomen: Der Werther-Effekt. Seit Goethe wissen wir, dass Suizid ansteckend sein kann. Dass eine einzige Geschichte ausreicht, um bei Menschen in einer Krise einen Gedanken zur Handlung werden zu lassen. Die Wissenschaft ist sich einig: Medien können Suizide verhindern – oder auslösen.
Und doch passiert es immer wieder.
Was Medien falsch machen – und was sie richtig machen sollten
1. Sensationsgier ist tödlich
Jeder Artikel, der Methoden nennt, der Bilder von Tatorten zeigt, der letzte Nachrichten abdruckt, ist kein Journalismus – er ist ein Rezept für den nächsten Suizid. Medien müssen verstehen, dass Suizid keine „Story“ ist. Es ist ein Abgrund, in den Menschen gezogen werden, wenn man ihnen zeigt, wie es geht.
2. Keine Täter-Opfer-Dramaturgie
Suizid ist kein Krimi. Kein Plot-Twist. Kein Moment, der einem Menschen plötzlich eine tiefere Bedeutung gibt. Wer ihn romantisiert – sei es in Filmen, Serien oder Artikeln – lässt eine gefährliche Illusion entstehen: Dass Suizid eine Lösung ist. Eine Befreiung. Eine Konsequenz, die Sinn ergibt.
Die Wahrheit ist: Suizid ist oft ein Impuls. Eine Entscheidung, die in einem Moment der Verzweiflung getroffen wird. Eine Entscheidung, die umkehrbar wäre, wenn jemand da wäre.
3. Verantwortung übernehmen, statt verkaufen
Es gibt eine richtige Art, über Suizid zu berichten. Ohne Methoden, ohne Verherrlichung. Mit Fokus auf Hilfe und Prävention. Mit Telefonnummern von Hilfsangeboten, mit Geschichten von Menschen, die es geschafft haben, weiterzuleben.
4. Die Macht der Worte nutzen
Nicht „er hat sich das Leben genommen“. Sondern „er ist an den Folgen einer psychischen Erkrankung verstorben“. Nicht „er hat sich entschieden zu gehen“, sondern „er hatte keine Hilfe, als er sie am dringendsten brauchte“. Worte sind mächtig. Sie können stigmatisieren – oder Leben retten.
Medien als Verantwortungsträger
Medien haben eine Wahl. Sie können Geschichten erzählen, die das Dunkel vertiefen – oder sie können Licht bringen. Sie können Menschen an die Hand nehmen, statt sie in den Abgrund zu schubsen. Sie können dazu beitragen, dass Menschen Hilfe suchen, statt eine Entscheidung zu treffen, aus der es kein Zurück gibt.
Denn Suizid ist kein Content. Es ist eine Tragödie. Und jeder Mensch, der durch eine falsche Berichterstattung stirbt, hätte vielleicht noch leben können.
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