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Rubrik: Hilfe nach Suizid - Langfristige Perspektiven nach einem Suizid



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Wenn die Zukunft nicht mehr existiert – Und warum sie trotzdem kommt

Die Tage nach einem Suizid haben eine eigene Zeitrechnung. Sie zählen nicht weiter, sie dehnen sich. Ein Tag fühlt sich an wie eine Woche, ein Monat wie ein Jahr, und die Vorstellung von „Zukunft“ – lächerlich. Zukunft ist ein Konzept für Menschen, die noch an den nächsten Morgen glauben. Wer einen geliebten Menschen durch Suizid verliert, für den wird die Zeit zu einem dunklen Raum ohne Fenster.


Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als ich begriff, dass „später“ nicht mehr existiert. Ich saß auf dem Boden. Kalte Fliesen unter mir. In der Luft lag dieser absurde Geruch von Kaffee, den ich gemacht hatte, aber nicht trank. Draußen gingen Menschen zur Arbeit, Kinder lachten, irgendwo schrie jemand ins Telefon – die Welt bewegte sich, während meine eingefroren war. Ein widersprüchliches Paradoxon: Ich lebte, aber mein Leben war tot.


Nach einem Suizid bleibt nichts übrig, was eine Richtung weist. Keine Pläne, keine Hoffnung, keine Perspektive. Ich habe mich oft gefragt, ob es nicht ehrlicher wäre, das auch einfach zuzugeben: Dass es keinen verdammten „Sinn“ gibt. Dass man nicht einfach weitermacht. Dass das Leben keine hübsche Hollywood-Dramaturgie hat, in der aus Schmerz immer Heilung wächst. Manchmal wächst da einfach gar nichts.


Aber dann – und ich hasse es, das zuzugeben – dann kommt doch etwas zurück.

Nicht als großer Moment, nicht als erleuchtende Einsicht, sondern in kleinen, beschissenen, unscheinbaren Dingen. Ein Lied, das nicht sofort weh tut. Ein Sonnenstrahl, der für eine Sekunde warm ist, bevor die Kälte zurückkommt. Eine Umarmung, die nicht heilt, aber für einen Moment hält.

Langfristige Perspektiven nach einem Suizid? Wer das von einem verlangt, hat keine Ahnung, wie zertrümmert die Seele ist. Man denkt nicht in Jahren, nicht einmal in Monaten. Man denkt in Minuten. Eine Minute atmen, eine Minute nicht durchdrehen, eine Minute nicht gegen die Wand schreien.


Und irgendwann – ich weiß nicht wie, aber es passiert – schiebt sich zwischen den Schmerz ein Moment, der sich nicht nach Sterben anfühlt. Ein Moment, der nicht voller Schuld ist. Der nicht schreit. Oder vielleicht sogar eine rettende Vision, wie ich sie hatte. Und dieser Moment wird zum ersten Baustein einer Zukunft, die sich nicht mehr wie ein Hohn anfühlt.


Perspektiven entstehen nicht aus Willenskraft, nicht aus positiven Gedanken oder spirituellem Geschwafel. Sie entstehen, weil man noch da ist. Weil man, verdammt noch mal, noch atmet. Und weil es irgendwo da draußen Menschen gibt, die diesen Schmerz kennen. Die verstehen, dass man keine Pläne machen kann, wenn die Seele noch in Trümmern liegt.

Es ist keine Frage von „Langfristig“. Es ist eine Frage von: Noch eine Minute. Noch eine Stunde. Noch einen Tag. Noch eine Woche. Noch einen Monat. Noch - vielleicht was? Noch einen Atemzug.

Und dann? Dann kommt die Zukunft von allein.

Wenn dich dieser Beitrag berührt hat oder du jemanden kennst, der mit den Folgen eines Suizides zu kämpfen hat, dann teile ihn, kommentiere und schreibe mir deine Gedanken oder speichere ihn für später. Manchmal kann genau diese eine Nachricht den Unterschied machen – für dich oder für jemanden, der sie dringend braucht. Lass uns gemeinsam ein Zeichen setzen: Niemand muss diese Last allein tragen. 💙 #DuBistNichtAllein #hilfenachsuizid

 
 
 

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